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Projektleiter:in und/oder Moderator:in?

Projektmanagement ist nicht gleich Projektmanagement

Wenn wir über Projekte reden, glauben wir häufig, über „das gleiche“ zu sprechen – und tun wir das wirklich? Differenzieren wir hier ausreichend? Denn Projekte unterscheiden sich nicht nur eklatant in ihrer Größe, sondern vor allem auch in ihrer Art. Die für uns spannendste Unterscheidung ist dabei die zwischen Umsetzungs- und Verbesserungsprojekten.

Schauen wir uns ein typisches Umsetzungsprojekt an. Ein Haus wird gebaut. Hier kennen wir zu Beginn (zumindest) die notwendigen Schritte = Lösungen, die umgesetzt werden dürfen, damit ein Haus entsteht. Der Weg vom Plan zur fertigen Bleibe ist relativ klar. In Verbesserungsprojekten sieht das schon ganz anders aus.

Hier kennen wir zunächst nur das Problem, und hier stellt sich häufig fix heraus, dass selbst dieses nur wage definiert ist. Die Lösung für das Problem darf erst noch gefunden und entwickelt werden. Das macht diese Art von Projekten deutlich anspruchsvoller und erfordert andere Methoden und Fähigkeiten von Projektleiter:innen.

Lösungsorientierung kann hinderlich sein

Unsere „normalen“ Denkstrategien und Muster stellen uns hier gerne ein Bein. Sind wir es in unserer Arbeitswelt nicht gewohnt, bei einem Problem sofort eine Lösung zu ersinnen? Die Verkaufszahlen sind schlecht? Woran hat’s gelegen, was müssen wir tun? Die Zeit, die wir uns zur gründlichen Analyse des Problems nehmen, ist oft sehr gering. Schlimmer noch, wir lassen uns von verlockenden Vorannahmen täuschen und greifen häufig Erklärungen für das Problem auf, wenn diese nur halbwegs plausibel klingen. Doch Plausibilität ist nicht gleich Kausalität. Nur weil etwas sinnvoll erscheint ist, es das nicht zwangsläufig.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anzahl der Beteiligten. Je mehr Personen in ein Projekt involviert sind und das Problem beleuchten, desto mehr Betrachtungswinkel haben wir. Als Folge erhalten wir viele unterschiedliche Beschreibungen des Problems (wir sprechen im Grunde lieber vom Verbesserungspotential) anders beschreiben, da es sich tatsächlich in jeder Perspektive unterschiedlich darstellt und auswirkt.

Es ist in meinen Augen häufig so, als ob wir versuchten, Antworten zu geben ohne die Frage richtig formuliert zu haben.
Dies führt häufig dazu, das Projekte und Maßnahmen bereits von Beginn an in die falsche Richtung laufen und nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen.

Prozesse sind Multifaktoriel

Doch damit nicht genug, ein weiterer Umstand erschwert die Lösung. Prozesse haben auf ihren Output hin oft viele Einflüsse die diesen bestimmen. In Prozessketten bedingen sich Einzelschritte gegenseitig. Wenn wir einen Faktor verändern beeinflusst dies weitere. Dies ist in Umsetzungsprojekten sicher auch der Fall, doch wirkt sich dies anders aus. In einem Umsetzungsprojekt weiß ich das ich zunächst die Wände aufstellen muss bevor die Fenster installiert werden können. Meine Bedingungen und Abhängigkeiten sind bekannt und müssen gesteuert werden, daher gilt es Gant Diagramme zu erstellen die diese Bedingungen berücksichtigen. Die Hauptaufgabe besteht in Umsetzungsprojekten darin, kritische Pfade zu managen, darauf zu achten das die wichtigen und zeitkritischen Aktionen richtig umgesetzt werden. Der Projektplan (die Abfolge von Einzelmaßnahmen, deren Abhängigkeit, Ressourcenbedarf und Dauer) ist daher das zentrale Element der Projektarbeit in Umsetzungsprojekten.

Und selbst hier erweist sich der Plan am Ende häufig als zu ambitioniert und darf im Verlauf eines Projektes immer wieder angepasst werden, da Umstände sich ändern oder unvorhergesehenes eintritt. Auf der anderen Seite wissen Manager nur all zu gut, das ein Plan mit großen Pufferzeiten das Problem selten löst sondern nur zu längeren Projektverläufen führt, streng nach dem Parkinsonschen Gesetz:“ Arbeit dehnt sich in dem Maße aus, wie Zeit zur verfügung steht!“.

In Veränderungsprojekten wirkt sich dieser Umstand noch schlimmer aus. Die Abläufe sind anhand von Maßnahmen nicht zu planen, da die Maßnahmen unbekannt sind.

Wie gehen wir in Veränderungsprojekten damit um?

Fassen wir die Hauptprobleme in Veränderungsprojekten noch ein mal zusammen:

  1. Das Problem ist evtl. nur wage formuliert und die beteiligten haben unterschiedliche Perspektiven auf das Thema.
  2. Falsche Vorannahmen könnten uns in die falsche Richtung führen.
  3. Die Lösung ist unbekannt, Maßnahmen können zu Beginn nicht geplant werden.
  4. Der Prozess ist multifaktoriel.

Zu 1.) In Veränderungsprojekten benötigen wir Definitions- und Analysephasen die das Thema aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Daher brauchen wir einen geführten Prozess der die unterschiedlichen Perspektiven zusammen führt.

Dies gelingt in einem moderierten Prozess der ein Team von Prozessbeteiligten methodisch zur klar formulierten Frage führt.

Zu 2.) Vorannahmen entstehen da der Projektleiter oder sein Auftraggeber häufig eine eigene Perspektive auf den Prozess hat und daher glaubt Lösungsansätze zu kennen. Sehr oft entstehen Projekte gerade erst aus diesen Annahmen, daher ist es schwer diese gänzlich aus dem Projekt zu vertreiben.

Die Lösung zu diesem Problem kann einfach sein. Wir trennen die Moderation vom Projektmanagement. Heißt wir setzen einen methodisch versierten Moderator ein der nicht am Prozess beteiligt ist und integrieren den Projektleiter für die Dauer der moderierten Sitzungen ins Team.

Zu 3.) Da der Projektplan in einem Verbesserungsprojekt nicht kontextuell aufgestellt werden kann benutzen wir in Veränderungsprojekten strukturelle Phasenmodelle die je Phase strukturelle Fragestellungen klären (Definition des Problems, Evaluierung der potentiellen Ursachen, Analyse der Hauptursachen, Entwicklung von Lösungsansätzen etc.) Diese Phasen sind wie Projektmeilensteine zeitlich begrenzt und mit Ressourcen geplant um ein planbares Budget zu ermöglichen.

Die Ziele für jede Phase sind von vornherein unabhängig vom Kontext der Problemstellung festgelegt, so dass ein Projektleiter die Sicherheit hat seinen Projektfortschritt steuern zu können und der Moderator die Wahl der Methoden für die Moderierten Teamsitzungen planen kann.

Zu 4.) Der für viele Unternehmen größte Unterschied, zeigt sich in den so genannten Gatetrevievs der Projekte. Jede Projektphase wird auf seine Ergebnisse hin geprüft, soweit nicht verwunderlich. Doch häufig ergeben sich in den moderierten Phasen neue Erkenntnisse die hinsichtlich Projektziel, vergangene Phasenergebnisse und Vorannahmen zu neuen Situationen führen die es erfordern das Projekt nicht selten gänzlich in Frage zu stellen und zu beurteilen ob das Ziel auf den neu zu bewertenden Ressourceneinsatz noch attraktiv genug ist.

Unternehmen die hierin gute Erfahrungen gesammelt haben und in der Lage sind in solchen Momenten Projekte um zu formulieren, abzubrechen oder neue Projekte aus den Erkenntnissen abzuleiten und sich eine gewisse Flexibilität im Umgang mit den Projekten angeeignet haben sind hier klar im Vorteil.

Zusammenfassung

Veränderungsprojekte benötigen andere Fähigkeiten, Rollen, Pläne und Methoden als klassische Umsetzungsprojekte.
Neben einen Projektleiter ist der Einsatz eines prozessfernen Moderators dringend anzuraten.
Projekte werden nicht mehr inhaltlich geplant sondern in strukturellen Phasenmodellen.
Auftraggeber und Projektleiter benötigen mehr Flexibilität und den Mut Fehlannahmen als Erkenntnis zu bewerten und die Bereitschaft ein Verbesserungsprojekt eher wie eine Reise zu betrachten dessen Zweck klar ist, dessen Richtung sich jedoch jederzeit ändern kann.

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